Von der Erziehung zur Beziehung

Richtig und falsch sind keine hilfreichen Pole in der Begleitung von Heranwachsenden.

Wir sind uns wohl auch einig darin, dass wir weder Bestrafen noch Beschämen wollen, aber wie soll es denn nun anders gehen?

Die gute Nachricht zuerst. Wenn wir uns auf den Weg machen als Erwachsene, die Beziehungsqualität zu Kindern vorn anzustellen, werden wir uns immer wieder als pädagogisch wirksam, als authentisch fühlen.
Wir spüren dann eine tiefe Verbindung zu dem Gegenüber. Also das, was die meisten von uns sich wünschen, wenn wir einen pädagogischen Beruf gewählt haben oder selbst Kinder bekommen haben. 

Die eher anstrengende Antwort ist, dass es keine Rezepte für unser Handeln gibt. Jede Beziehung ist schließlich anders. Vielmehr bedeutet eine beziehungsorientierte Begleitung, unsere Haltung zum Kind, zu uns selbst und zur Welt bewusst erlebbar zu machen. In den nächsten Blogartikeln beschreibe ich, wie das genau geht. 

Heute möchte ich mit dir meine drei Glaubenssätze teilen, die für mich in der Beziehung zu meinen Kindern ein wahrer Augenöffner waren und immer noch sind. 


Das Verhalten ist nicht das Sein.

Kinder und Jugendliche (auch manche Erwachsene) verhalten sich widersprüchlich zu dem, was sie eigentlich benötigen. Ein wütendes Kind wünscht sich manchmal nichts mehr als Nähe und Verbindung. Ein ruhiges, zurückgezogenes Kind wünscht sich manchmal nichts mehr als voll dabei zu sein. Das Verhalten und das Sein eines heranwachsenden Menschen sind oftmals zwei verschiedene Dinge.

Es hilft uns als erwachsene Begleiter:innen das Verhalten vom Sein für uns zu trennen und uns zu fragen: Was benötigt das Kind? Was ist das dahinterliegende Bedürfnis? Wie kann ich das Bedürfnis, was sich im Konflikt zeigt, unabhängig von der Situation im Alltag stillen? Gibt es eine Aufgabe im Klassenverband, eine Aufgabe im Familienleben, die das Kind übernehmen kann, um z. B. das Bedürfnis nach Verbundenheit und Selbstwerterhöhung zu stillen?


Deine Erlebniswelt ist eine andere als meine Erlebenswelt.

Kinder, die durch heiße Emotionen gehen, die zutiefst traurig, wütend, verzweifelt, sehr laut oder sehr leise sind, empfinden wir als Erwachsene nicht selten als Belastung, als Störung in unserem Ablauf. Und in diesem Moment sind wir stark in unserer eigenen Erlebenswelt gefangen. Vielleicht fühlen wir uns überfordert, hilflos, nicht wertgeschätzt, abgelehnt….

Schau mal, was es bei dir macht, wenn du in eine solche herausfordernde Situation kommst: Was passiert da in dir? Und vielleicht gehst du sogar noch einen Schritt weiter und kannst deine Erlebenswelt klar trennen von der des Kindes. Und versuchen empathisch beim Kind zu sein: Das Kind ist wütend, traurig, …. wie kann ich es mitfühlend begleiten?


Verbindungsmomente sind Alltagsmomente.

Momente tiefer Verbindung können wir als Erwachsene in kleinen Momenten des Alltags schaffen. Kinder machen vielfältige Beziehungsangebote, das fängt an bei der 7-Jährigen, die fragt: “Kannst du mir die Schuhe zubinden?” und hört auf beim 15-Jährigen gepanzerten Cool-Kid, der seinen Coolness-Faktor herausstellt und erzählt, wie cool er ist.

In Verbindung kommen wir nicht nur durch große Worte, sondern v. a. durch Gesten, durch Mimik, durch kleine Verbindungsmomente. Ein Lächeln, ein “Schön, dass du heute da bist.”, ein direktes Begrüßen an der Klassenraumtür, ein “Ich brauch’ hier dringend deine Unterstützung, kannst du mir schon mal den Beamer anschließen?”, ein Elternanruf mit der Absicht den Eltern zu erzählen, welch großartiges Kind sie haben. Beziehung gestalten wir in kleinen Momenten.


Frage dich:

Wann hast du das letzte Mal deinem Kind aufmerksam und interessiert zugehört? Wann hast du das letzte Mal mit deinen Schüler:innen wie ein Kind gelacht?  

Im nächsten Blogartikel gebe ich dir übrigens hilfreiche Tipps für die Beziehungsgestaltung zu deinem Kind im Alltag. 

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Raus aus der Erziehung, rein in die Beziehung (Teil 1)

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„Hat mir doch auch nicht geschadet!“